28.02.2021
„Selten“ bedeutet „viele“ - 28. Februar: Tag der seltenen Erkrankungen 2021
Dachverband für Soziales und GesundheitGesundheit
Selbsthilfe
Allein in Südtirol gibt es über 4000 Menschen, die eine seltene Krankheit haben. In Europa gibt es geschätzt 30 Millionen Betroffene, weltweit sogar über 300 Millionen. Der Dachverband für Soziales und Gesundheit erinnert an die Anliegen, Nöte und besonderen Lebensumstände der Betroffenen. Covid-19 erschwert ihre Lebenssituation erheblich.
Der Tag der Seltenen Erkrankungen findet jedes Jahr am letzten Tag im Februar statt. Zwar sind weltweit 300 Millionen Menschen von einer seltenen Erkrankung betroffen, aber es gibt jeweils nur wenige Patientinnen und Patienten mit der gleichen Krankheit. Allein in Südtirol leben 4.469 Patienten, die an insgesamt 632 verschiedenen seltenen Krankheiten leiden.
Für die meisten Krankheiten gibt es noch keine Heilung. Sie verlaufen chronisch und gehen teilweise mit schweren Beeinträchtigungen einher. Therapiemöglichkeiten und Experten sind rar. Das stellt Betroffene und ihre Familien schon im „normalen“ Alltag vor große Herausforderungen. Die weltweite Corona-Pandemie hat die Situation zusätzlich noch verschärft. Zum einen gehören die Betroffenen zu den sogenannten „Risikopatienten“, zum anderen warten sie teilweise schon seit Monaten auf Routine-Untersuchungen und Therapien.
„Die durch Covid-19 ausgelöste Notsituation lastet schwer auf den Schultern der Betroffenen und ihren Familien“, bestätigt Anna Faccin. Sie hat selbst eine seltene Krankheit und ist Ausschussmitglied des Dachverbands für Soziales und Gesundheit, wo es seit drei Jahren eine Initiativgruppe für Seltene Krankheiten gibt. Beim letzten Treffen im Dezember 2020 versammelten sich Patienten und Eltern an einem "virtuellen Tisch", an dem gemeinsam diskutiert wurde, wie sich die Covid-19 Pandemie auf ihr Leben ausgewirkt hat.
„Betroffene beklagen vor allem den Ausfall von Therapien und Betreuungsangeboten“, sagt Faccin. So wurden etwa viele Strukturen geschlossen, in denen Kinder mit schweren Behinderungen unterstützt von Sozial- und Gesundheitspersonal einige Stunden des Tages verbringen konnten. Auch die physiotherapeutischen Behandlungen wurden für viele Monate unterbrochen. „Zudem gehen viele Betroffene aus Angst vor möglicher Covid-19-Ansteckung kaum aus dem Haus und nicht ins Krankenhaus. Die nötige Behandlung der seltenen Krankheiten bleibt dabei auf der Strecke. Viele Patienten fühlen sich zusehends alleine und sich selbst überlassen. Psychologische Hilfe wäre sehr wichtig“, betont Faccin.
Die Angehörigen von Menschen mit einer seltenen Erkrankung betonen immer wieder, wie wichtig es wäre, dass die Kommunikation mit Ärzten auch in Zeiten von Covid aufrecht erhalten bleibt. „Meistens handelt es sich um sehr komplexe Krankheitsbilder, mit entsprechend vielen Fragen, die sich stellen. Bei Gesprächen und Visiten sollte deshalb vor allem auch ausreichend Zeit für diese Fragen zur Verfügung stehen“, unterstreicht Angelika Stampfl, Präsidentin des AEB-Arbeitskreis Eltern Behinderter.
Zudem wäre es für Kranke eine erhebliche Erleichterung, eine Kontaktperson zu haben, die sie während des gesamten Behandlungsverlaufs von der Diagnose begleitet und an die Dienste und Angehörigen der Gesundheitsberufe weiterleitet. Denn nach wie vor eines der größten Probleme ist, dass seltene Krankheiten häufig nicht rechtzeitig erkannt werden und somit lange unbehandelt oder falsch behandelt bleiben. Da sie so selten sind, fallen sie durch die üblichen Diagnoseraster.
„Mitunter dauert es sehr lange, bis ein Arzt der Ursache für die Beschwerden auf die Spur kommt. Wir müssen es schaffen, dass seltene Krankheiten schneller erkannt werden und die Abklärungsphase für die Betroffenen künftig psychologisch und finanziell besser unterstützt wird. Das Personal in den Gesundheitsdiensten muss sensibilisiert und gut ausgebildet werden“, sagt Anna Faccin. Im Alltag werden betroffene Patienten meist gezwungenermaßen selbst zu Experten ihrer seltenen Krankheit. Sie müssen ihre Krankheit und Symptome wiederholt erklären, damit sie nicht falsch behandelt werden, weil Gesundheitspersonal und Ärzte in der Regel nichts darüber wissen. Zusammen mit dem Sanitätsbetrieb arbeitet der Dachverband deshalb an einem System, um den Betroffenen die Vermittlung der dafür wesentlichen Informationen zu erleichtern.
Trotz des Pandemie-Notstands durch Covid-19 wurden die Aktivitäten des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten, einschließlich der neuen Diagnosen, auch im vergangenen Jahr fortgesetzt, und
Ende Dezember wurden die wichtigsten Daten zu den Bewohnern der Provinz Bozen veröffentlicht:
Übersicht der 10 häufigsten seltenen Krankheiten in Südtirol: Anzahl Fälle
Keratokonus (Augenkrankheit) 850
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (Stoffwechselerkrankrung) 160
Lichen sclerosus et atrophicus (Hautkrankheit) 160
Sarkoidose 159
Autoimmunpolyendokrinopathie 151
Progressive systemische Sklerose 130
Hereditäre Hämochromatose 124
Neurofibromatose Typ 1 123
Anzahl an Patienten mit seltenen Erkrankungen: 4.469, gleichmäßig verteilt auf Männer (49%) und Frauen (51%), davon 754 (17%) im pädiatrischen Alter.
Insgesamt zertifizierte seltene Krankheiten: 632
(Quelle: Register seltener Krankheiten der Autonomen Provinz Bozen).
Auffällig ist, dass seltene Augenleiden in Südtirol weitaus am stärksten verbreitet sind. Zu den zehn häufigsten seltenen Erkrankungen in unserem Land zählen zudem verschiedene Stoffwechselerkrankungen, Hautkrankheiten, genetische Erkrankungen, angeborene körperliche Fehlbildungen, Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems.
Die seit Jahren kontinuierlich zunehmende Zahl der erfassten Patienten und Krankheiten zeigt, dass es durch die gute Informationsarbeit des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten immer besser gelingt, für die betroffenen Patienten die richtige Diagnose zu finden.
„Seit Beginn der Pandemie haben wir versucht, den Patienten so weit wie möglich entgegen zu kommen“, sagt der Leiter des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten, Francesco Benedicenti. Automatisch wurden alle Therapiepläne der Patient/innen verlängert, somit fielen für die Betroffenen viele Rennereien weg und die Versorgung mit den nötigen Medikamenten wurde nicht unterbrochen. Der Kontakt zwischen den Fachärzten und den Patienten wurde soweit wie möglich auf telematischem Weg aufrechterhalten.
Alles zu den seltenen Erkrankungen in Südtirol wird auf der Internetseite www.rare-bz.net gesammelt und zugänglich gemacht. Wer Gleichbetroffene sucht, kann sich an die Dienststelle für Selbsthilfegruppen im Dachverband wenden.
Info/Kontakt: Tel. 0471 1888110, www.dsg.bz.it oder selbsthilfe.bz.it.
Der Tag der Seltenen Erkrankungen findet jedes Jahr am letzten Tag im Februar statt. Zwar sind weltweit 300 Millionen Menschen von einer seltenen Erkrankung betroffen, aber es gibt jeweils nur wenige Patientinnen und Patienten mit der gleichen Krankheit. Allein in Südtirol leben 4.469 Patienten, die an insgesamt 632 verschiedenen seltenen Krankheiten leiden.
Für die meisten Krankheiten gibt es noch keine Heilung. Sie verlaufen chronisch und gehen teilweise mit schweren Beeinträchtigungen einher. Therapiemöglichkeiten und Experten sind rar. Das stellt Betroffene und ihre Familien schon im „normalen“ Alltag vor große Herausforderungen. Die weltweite Corona-Pandemie hat die Situation zusätzlich noch verschärft. Zum einen gehören die Betroffenen zu den sogenannten „Risikopatienten“, zum anderen warten sie teilweise schon seit Monaten auf Routine-Untersuchungen und Therapien.
„Die durch Covid-19 ausgelöste Notsituation lastet schwer auf den Schultern der Betroffenen und ihren Familien“, bestätigt Anna Faccin. Sie hat selbst eine seltene Krankheit und ist Ausschussmitglied des Dachverbands für Soziales und Gesundheit, wo es seit drei Jahren eine Initiativgruppe für Seltene Krankheiten gibt. Beim letzten Treffen im Dezember 2020 versammelten sich Patienten und Eltern an einem "virtuellen Tisch", an dem gemeinsam diskutiert wurde, wie sich die Covid-19 Pandemie auf ihr Leben ausgewirkt hat.
„Betroffene beklagen vor allem den Ausfall von Therapien und Betreuungsangeboten“, sagt Faccin. So wurden etwa viele Strukturen geschlossen, in denen Kinder mit schweren Behinderungen unterstützt von Sozial- und Gesundheitspersonal einige Stunden des Tages verbringen konnten. Auch die physiotherapeutischen Behandlungen wurden für viele Monate unterbrochen. „Zudem gehen viele Betroffene aus Angst vor möglicher Covid-19-Ansteckung kaum aus dem Haus und nicht ins Krankenhaus. Die nötige Behandlung der seltenen Krankheiten bleibt dabei auf der Strecke. Viele Patienten fühlen sich zusehends alleine und sich selbst überlassen. Psychologische Hilfe wäre sehr wichtig“, betont Faccin.
Die Angehörigen von Menschen mit einer seltenen Erkrankung betonen immer wieder, wie wichtig es wäre, dass die Kommunikation mit Ärzten auch in Zeiten von Covid aufrecht erhalten bleibt. „Meistens handelt es sich um sehr komplexe Krankheitsbilder, mit entsprechend vielen Fragen, die sich stellen. Bei Gesprächen und Visiten sollte deshalb vor allem auch ausreichend Zeit für diese Fragen zur Verfügung stehen“, unterstreicht Angelika Stampfl, Präsidentin des AEB-Arbeitskreis Eltern Behinderter.
Zudem wäre es für Kranke eine erhebliche Erleichterung, eine Kontaktperson zu haben, die sie während des gesamten Behandlungsverlaufs von der Diagnose begleitet und an die Dienste und Angehörigen der Gesundheitsberufe weiterleitet. Denn nach wie vor eines der größten Probleme ist, dass seltene Krankheiten häufig nicht rechtzeitig erkannt werden und somit lange unbehandelt oder falsch behandelt bleiben. Da sie so selten sind, fallen sie durch die üblichen Diagnoseraster.
„Mitunter dauert es sehr lange, bis ein Arzt der Ursache für die Beschwerden auf die Spur kommt. Wir müssen es schaffen, dass seltene Krankheiten schneller erkannt werden und die Abklärungsphase für die Betroffenen künftig psychologisch und finanziell besser unterstützt wird. Das Personal in den Gesundheitsdiensten muss sensibilisiert und gut ausgebildet werden“, sagt Anna Faccin. Im Alltag werden betroffene Patienten meist gezwungenermaßen selbst zu Experten ihrer seltenen Krankheit. Sie müssen ihre Krankheit und Symptome wiederholt erklären, damit sie nicht falsch behandelt werden, weil Gesundheitspersonal und Ärzte in der Regel nichts darüber wissen. Zusammen mit dem Sanitätsbetrieb arbeitet der Dachverband deshalb an einem System, um den Betroffenen die Vermittlung der dafür wesentlichen Informationen zu erleichtern.
Trotz des Pandemie-Notstands durch Covid-19 wurden die Aktivitäten des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten, einschließlich der neuen Diagnosen, auch im vergangenen Jahr fortgesetzt, und
Ende Dezember wurden die wichtigsten Daten zu den Bewohnern der Provinz Bozen veröffentlicht:
Übersicht der 10 häufigsten seltenen Krankheiten in Südtirol: Anzahl Fälle
Keratokonus (Augenkrankheit) 850
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (Stoffwechselerkrankrung) 160
Lichen sclerosus et atrophicus (Hautkrankheit) 160
Sarkoidose 159
Autoimmunpolyendokrinopathie 151
Progressive systemische Sklerose 130
Hereditäre Hämochromatose 124
Neurofibromatose Typ 1 123
Anzahl an Patienten mit seltenen Erkrankungen: 4.469, gleichmäßig verteilt auf Männer (49%) und Frauen (51%), davon 754 (17%) im pädiatrischen Alter.
Insgesamt zertifizierte seltene Krankheiten: 632
(Quelle: Register seltener Krankheiten der Autonomen Provinz Bozen).
Auffällig ist, dass seltene Augenleiden in Südtirol weitaus am stärksten verbreitet sind. Zu den zehn häufigsten seltenen Erkrankungen in unserem Land zählen zudem verschiedene Stoffwechselerkrankungen, Hautkrankheiten, genetische Erkrankungen, angeborene körperliche Fehlbildungen, Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems.
Die seit Jahren kontinuierlich zunehmende Zahl der erfassten Patienten und Krankheiten zeigt, dass es durch die gute Informationsarbeit des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten immer besser gelingt, für die betroffenen Patienten die richtige Diagnose zu finden.
„Seit Beginn der Pandemie haben wir versucht, den Patienten so weit wie möglich entgegen zu kommen“, sagt der Leiter des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten, Francesco Benedicenti. Automatisch wurden alle Therapiepläne der Patient/innen verlängert, somit fielen für die Betroffenen viele Rennereien weg und die Versorgung mit den nötigen Medikamenten wurde nicht unterbrochen. Der Kontakt zwischen den Fachärzten und den Patienten wurde soweit wie möglich auf telematischem Weg aufrechterhalten.
Alles zu den seltenen Erkrankungen in Südtirol wird auf der Internetseite www.rare-bz.net gesammelt und zugänglich gemacht. Wer Gleichbetroffene sucht, kann sich an die Dienststelle für Selbsthilfegruppen im Dachverband wenden.
Info/Kontakt: Tel. 0471 1888110, www.dsg.bz.it oder selbsthilfe.bz.it.
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